Allein schon dieser Titel. Ist Spaß überhaupt vereinbar mit einer strengen Auslegung des Islams? Mit gemischten Gefühlen entstiegen wir dem Flugzeug in Banda Aceh. Was erwartet einen wenn man in ein Gebiet reist, das formal unter der Schariah steht? Bier und Bibel Kontrolleure von der Sittenpolizei am Flughafen? Einen Streit von Hanafiten und Malakiten über die Auslegung des Korans als abendliches Prime Time Highlight im Fernsehen?

Eher nicht. Natürlich wussten wir von anderen Surfern, dem Internet und Reisenden, dass dort trotz Schariah im Alltag anscheinend alles nur halb so heiss gegessen wird wie es in Koran und Hadith vorgekocht wird.

Am Flughafen erwartete einen neben dem Fahrer noch eine wahrscheinlich recht effektive, wenn auch moralisch fragwürdige, Werbung für Zement über dem Gepäckband. Anscheinend sorgte sie aber nur auf meiner persönlichen Metaebene für Erheiterung, denn Niemand sonst lachte bei der Gepäckausgabe. Möglicherweise ist Zementwerbung in einer von Naturkatastrophen verwüsteten Gegend auch nur in meinen Augen etwas deplaziert.
Das Camp in das wir uns eingebucht haben ist definitiv das Luxuriöseste unseres ganzen Trips. Wir haben ein eigenes Cottage (Klimaanlage, echtes Klo und Sitzecke) und Frühstück mit frisch aufgebrühtem Cappuccino. Die Klimaanlagenmafia hat gewonnen und wir haben unsere Abenteurerseele für die letzten zwei Wochen an den Nagel gehängt, denn „wir haben ja schließlich Urlaub!“

cottage_1

Klimaanlagen-gekühltes Cottage im tropischen Garten
Klimaanlagen-gekühltes Cottage im tropischen Garten

Mit der typisch indonesischen Gastfreundlichkeit wurden wir empfangen und lassen uns hier westlich dekadent verwöhnen. Bitte nicht dem lokalen @Imam_Lhoknga twittern, der uns täglich um 5 Uhr morgens mit Zitaten aus den besten Suren des Korans per Lautsprecher erfreut.
Überhaupt deutet, bis auf die Hinweisschilder am Strand, dass Bikinis ein No Go sind, nichts darauf hin, dass es hier eine besondere religiöse Schwere im Umgang miteinander gäbe.

Gut, dass Lars keinen Bikini anhat.
Gut, dass Lars keinen Bikini anhat.

Alja surft ohnehin gern mit Boardshorts und T-shirt. Und wenn man eben hier, wie in Aljas Fall, seine bisher besten Sessions im leeren Line Up hat, dann nimmt man kleine modische Unannehmlichkeiten gern in Kauf. Generell hatten wir hier bisher großes Glück was unsere Wellen anbelangt. Der Wind hat gepasst der Swell auch und ich konnte gestern Pantai Camara surfen.
Eine Welle von der die Regulars hier meinen sie würde sich so selten zeigen wie das sprichwörtliche Einhorn, weil sie großen Swell und eine bestimmte Windrichtung braucht. Ich schätze mich also glücklich sie mit nur zwei anderen Surfern geteilt zu haben. Ich glaube ich habe beim Takeoff sogar kleine Feen und Regenbögen auf dem Wellenkamm tanzen sehen. Was ich auf jeden Fall gesehen habe sind die fetten scharfen Riffbrocken, die in der Inside mitten in meiner Welle ihre hässlichen Köpfe aus dem Wasser reckten, als ich, von Gier getrieben, zuweit Richtung Strand gefahren bin. Man hatte mich vor Ihnen auch gewarnt, aber da man sie nur sieht wenn die Welle das Wasser vom Riff zieht war ich etwas hochmütig auf meiner Welle. Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall vom Board, aber da ich nach 10 Wochen Surfen mehr Können als Verstand habe und sauber aussteigen konnte, bin ich ungeschoren davon gekommen.

Unterwegs in Aceh
Unterwegs in Aceh

Heute ist einer der Tage wo der Wind nicht so will wie die Surfer. An solchen Tagen kann man die Umgebung erkunden oder das Tsunamimuseum besuchen, das einem versucht eindrücklich zu vermitteln wie Aceh vom Weihnachtstsunami 2004 verwüstet wurde. Trotz eines millionschweren Neubaus ist der Inhalt irgendwie so gehaltvoll wie Instant-Mie-Goreng, denn geschätzte drei Viertel der Ausstellung scheinen nur aus Werbung für das indonesische Militär, gebastelten Dioramen für 6jährige mit Erklärungstafeln wie „Dorf an der Küste – Menschen rennen vor dem Tsunami weg“ und wahllos zusammengeklaubten Überbleibseln des Tsunamis zu bestehen. Highlight war hierbei ein leicht schlammbedecktes rostiges Fahrrad an dem stand „Fahrrad, das vom Tsunami zerstört wurde“.

Bis zu den Hügeln am Horizont hat der Tsunami damals hier alles verwüstet.
Bis zu den Hügeln am Horizont hat der Tsunami damals hier alles verwüstet.

Hoffentlich dreht der Wind wieder, denn es gefällt uns hier sehr und wir wollen nicht nochmal woanders hin. Für die nächsten Tage steht erstmal Schorcheln auf Pulau Weh auf der Agenda, denn der Swell soll Montag bis Mittwoch ohnehin klein sein und wenn man schon einen der 10 besten Tauchspots der Welt in Rollerreichweite hat, dann sollte ein zwei Tage Abstecher bei drei Monaten Reise doch wohl drin sein.